Endspurt 2019
BlackRock Marktausblick
3. Dezember 2019
Sollte sich in der letzten Novemberwoche Nervosität unter Aktionären breit gemacht haben, dann wurde sie gut versteckt. Um rund ein halbes Prozent legten die meisten großen Indizes zu, die Volatilität blieb sowohl in den USA als auch Europa niedrig. Dabei hätte es durchaus Grund gegeben, dem Dezember ängstlich entgegenzusehen, denn noch immer steckt vielen Marktteilnehmern der Ausklang des Vorjahres in den Knochen. Der Dezember 2018 ging als der schlechteste seit dem Zweiten Weltkrieg in die Geschichtsbücher ein. In einer Kombination aus Rezessionspanik, Zinsfurcht und immer schlechteren Nachrichten seitens der Geopolitik ließen – teilweise bei sehr niedrigen Umsätzen – regelrechte Notverkäufe die Börsen abstürzen. Wohl die meisten Händler und Portfoliomanager erlebten die schwärzesten Kapitalmarkttage des Jahres 2018 im Weihnachtsurlaub und mussten den Einbruch ihrer Positionen mehr oder weniger hilflos mit ansehen.
Droht in diesem Dezember eine Wiederholung? Wir glauben nein. Es sind vor allem die Nachrichten bezüglich Wachstum und Zentralbanken, die uns für die kommenden Wochen konstruktiv stimmen. Während sich die Weltwirtschaft vor 12 Monaten unbestreitbar auf dem Weg in eine markante Abschwächung befand, wenn auch nicht in die Rezession, so stellen sich die Aussichten heute ganz anders dar. Die Frühindikatoren in den großen Industrieländern, allen voran den USA und Europa, hellen sich leicht auf, und auch aus China waren Anfang dieser Woche weitere beruhigende Signale zu empfangen. Kein Vergleich jedenfalls zum Doom and Gloom des vergangenen Dezember. Auch bezüglich der Zentralbanken ist die Situation heute eine völlig andere. Statt weitere Zinsanhebungen und damit ein eventuelles Hineinbremsen in einen Abschwung zu befürchten wie noch Ende 2018, können wir uns im gegenwärtigen Umfeld ziemlich sicher sein, dass Fed und EZB nichts derartiges planen. Im Gegenteil haben beide große Zentralbanken über den Verlauf des Jahres 2019 die Geldpolitik nochmals deutlich expansiver gestaltet, die Fed mit ihren drei 25 Basispunkt-Schritten im Juli, September und Oktober, die EZB vor allem mit ihren Liquiditätsspritzen (TLTROs) und dem aus Zinssenkung und Anleihekäufen bestehenden Maßnahmenpaket vom 12. September. Aus heutiger Sicht erscheint es höchst unwahrscheinlich, dass sich am ‚Easing Bias‘ der Zentralbanken auf Sicht etwas ändert. Selbst für den realistischen Fall, dass sich das Wachstumsumfeld weiter aufhellt, dürften die Auswirkungen für die Inflationserwartungen moderat sein. Wenn auf Sicht der nächsten sechs bis neun Monate die EZB an der Geldpolitik dreht, dann vermutlich eher auf der expansiven Seite. Und für die Fed dürfte der politische Druck groß genug bleiben, um im Wahljahr 2020 die Zinsen nicht anzuheben und damit den ohnehin schon bis zur Weißglut gereizten Präsidenten zu provozieren. Der Blick auf den Dezember ist also auf die Kurzformel zu bringen: Wachstumsaufhellung und Ruhe an der Zinsfront. Für Aktionäre sind das eher beruhigende Aussichten.