Artikel

Baukrise und Zinswende: Lohnt noch die Investition in Immobilienfonds?

Im Schatten der Krise in der Bau- und Immobilienbranche zeichnen sich beachtliche Auswirkungen auf Immobilienfonds ab. Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt des Wertpapierhauses der Sparkassen-Finanzgruppe DekaBank, erklärt, was das jetzt und später für diese Anlageklasse bedeutet.

Egal wie lang und wie hoch, nach jedem Aufstieg folgt irgendwann der Abstieg. Das gilt für Bergwanderungen ebenso wie für Aktien, Edelmetalle – und den Immobilienmarkt. Nachdem die Preise für Häuser und Wohnungen lange keine Obergrenze kannten, hat sich die Lage abrupt geändert. Aufgrund der hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) ebenso wie die meisten anderen Notenbanken die Zinsen in Rekordgeschwindigkeit erhöht. Mit der Zinswende wurden Finanzierungen in kurzer Zeit deutlich teurer und die Nachfrage nach Immobilien ist eingebrochen.

Diese Baukrise macht sich bei vielen Immobilienfonds bemerkbar: Anleger haben in diesem Jahr im Vergleich zum vergangenen Jahr bislang weniger als halb so viel Geld neu investiert. Aktuell ist auch weiterhin eine deutliche Verlangsamung der Mittelzuflüsse zu beobachten. Dabei waren in den Jahren der Niedrigzinsen Immobilienfonds besonders beliebt, weil sie erfreuliche Renditen erwirtschafteten. Allein von 2012 bis Ende Juni 2023 wuchsen Publikumsfonds – an denen sich jedermann mit ausreichenden Finanzmitteln beteiligen kann – um 58 Prozent auf 132 Milliarden Euro.

Herr Dr. Kater, sind Immobilienfonds derzeit noch eine gute Wahl?

Grundsätzlich ja. Für die Vermehrung des Ersparten wird die Anlagestruktur immer auf langfristige Sicht aufgebaut. Immobilienfonds gehören in jede Vermögensanlage, weil sie das Gesamtvermögen durch ihre beständige und schwankungsarme Entwicklung stabilisieren und regelmäßig einen positiven Renditebeitrag erwirtschaften. Dieser Mechanismus ist in keiner Weise für die Fonds gefährdet, die gegenüber den gegenwärtigen Strukturänderungen der Immobilienmärkte richtig aufgestellt sind. Es trennt sich jedoch gerade die Spreu vom Weizen in dieser Anlageklasse. Hochmoderne Objekte an Topstandorten sind kaum bis gar nicht von Abwertungen betroffen. Daher können sie die aktuelle Korrektur auffangen, die sich derzeit bei vielen anderen Objekten vollzieht.

Wie bewerten Sie die Attraktivität von Immobilienfonds im Vergleich zu anderen Anlageklassen?

Aufgrund der gestiegenen Zinsen ist nun auch wieder die Geldanlage in Anleihen und Zinsprodukten interessant. Damit geht zwar das Alleinstellungsmerkmal verloren, das Immobilienfonds in Zeiten des Niedrigzinses hatten. Aber das Rendite-Risiko-Profil guter Immobilienfonds spricht weiterhin klar für ihre Beibehaltung im Portfolio. Insbesondere der „eingebaute“ Inflationsausgleich durch indexierte Mieteinnahmen macht sie in unsicheren Geldwert-Zeiten, wie wir sie gerade erleben, zu einem wichtigen langfristigen Anlageinstrument.

Wie schätzen Sie die mittel- bis langfristigen Renditechancen ein?

Die Rendite der Immobilienfonds setzt sich zusammen aus den Mieteinnahmen, die aktuell eher steigen, und den Objektbewertungen. Bei ihnen stehen angesichts der Zinswende derzeit Anpassungen ins Haus. Wie sich diese Gemengelage auf die Rendite einzelner Fonds auswirkt, hängt ausschließlich von der Portfolioqualität ab. Bei unseren eigenen Produkten gehen wir kurzfristig für eine Übergangsphase, etwa auf Sicht von 12 Monaten, von Renditen zwischen 2,5 und 3,0 Prozent aus. Mittelfristig werden die Mietsteigerungen bestehen bleiben, die Wertanpassungen jedoch abebben oder sich sogar wieder umkehren. Das bietet Chancen auf weiter steigende Gesamterträge.

zurück